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8 Werner Schubert sieht, wie Rauch aus dem Haus seines Nachbarn qualmt. Aus dem Innern hörte er die Schreie der kleinen Tochter des Nachbarn, die allein zuhause ist. Herr Schubert alarmiert sofort die Feuerwehr. Da er jedoch nicht bis zu deren Eintreffen warten kann, schnappt er sich seine Axt, schlägt damit die Türe ein und rettet die kleine Tochter aus dem Haus. Kurz darauf trifft die Feuerwehr ein, welche den Kleinbrand schnell unter Kontrolle hat. Kann Werner Schubert wegen der kaputt geschlagenen Tür wegen Sachbeschädigung belangt werden? 9 Um Zeit zu sparen, durchquert Kim auf dem Weg zum Zug jeden Morgen den Garten seines Nachbarn. Dem passt das gar nicht, und er fordert Kim nachdrücklich auf, dies in Zukunft zu unterlassen. Als Kim eines Morgens spät dran ist, nimmt er trotzdem wieder die Abkürzung durch Nachbars Garten. Der Nachbar teilt Kim am Abend mit, dass er gegen ihn Strafanzeige eingereicht habe. Kim ist sich aber keiner Schuld bewusst. Klären Sie ihn auf. Mit der Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches wurde die bisherige Unterschei- dung zwischen Haft-, Gefängnis- und Zuchthausstrafen fallengelassen und durch die einheitliche Freiheitsstrafe ersetzt. Die Kantone haben die von ihren Gerichten ausgefällten Urteile zu vollziehen (Art. 372 StGB). Hier- für sind zwei unterschiedliche Typen von Anstalten zu errichten, nämlich offene und geschlossene Anstalten, die je nach den tatsächlichen Bedürfnissen weiter differenziert werden können (Art. 76 Abs. 1 StGB). Der Gefangene wird in eine geschlossene Anstalt oder in einer geschlossenen Ab- teilung einer offenen Strafanstalt eingewiesen, wenn die Gefahr besteht, dass er flieht, oder zu erwarten ist, dass er weitere Straftaten begeht (Art. 76 Abs. 2 StGB). Beim Vollzug einer Freiheitsstrafe ist die Menschenwürde des Gefangenen zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, wie der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern (Art. 74 StGB). Der Strafvollzug hat das soziale Verhalten des Ge- fangenen zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben (Art. 75 Abs. 1 StGB). Der Gefan- gene ist zur Arbeit verpflichtet und erhält ein von seiner Leistung abhängiges und den Umständen angepasstes Entgelt (Art. 81 Abs. 1 und Art. 83 Abs. 1 StGB). Das Arbeitsentgelt soll dem Gefangenen ermöglichen, seine persönlichen Auslagen während des Vollzugs (z. B. für Gebrauchsartikel und Genussmittel, Gebühren für Porti und die Benutzung von Telefon und Fernseher, Zeitungs- und Zeitschriftenabonnemente etc.) zu decken und seinen sozialen Verpflichtungen (z. B. Unterhalts- pflichten, Schuldensanierung) nachzukommen oder Wiedergutmachungsleistungen (z. B. Zahlung an den Geschädigten) zu erbringen. Der Gefangene kann während des Vollzugs jedoch nur über einen Teil seines Arbeitsentgeltes frei verfügen. Aus dem anderen Teil wird für die Zeit nach der Entlassung eine Rücklage im Sinne eines Startkapitals gebildet (Art. 83 Abs. 2 StGB). Hat der Gefangen zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er be- dingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen (Art. 86 Abs. 1 StGB). Bei einer lebens- langen Freiheitsstrafe ist die bedingte Entlassung frühestens nach 15 Jahren möglich (Art. 86 Abs. 5 StGB). Dem bedingt Entlassenen wird eine Probezeit auferlegt, deren Dauer dem Straf- rest entspricht, jedoch mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre (Art. 87 Abs. 1 StGB). Be- währt sich der bedingt Entlassene bis zum Ablauf der Probezeit, so ist er endgültig entlassen (Art. 88 StGB). Begeht er während der Probezeit jedoch ein Verbrechen oder Vergehen, wird er in den Strafvollzug zurückversetzt und muss den Rest der Strafe absitzen (Art. 89 Abs. 1 StGB).

Vollzug der Freiheitsstrafe

Vollzugsformen

Für den Strafvollzug sind verschiedene Vollzugsformen vorgesehen:

a Beim Normalvollzug verbringt der Gefangene seine Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Regel in der Anstalt (Art. 77 StGB).

b Das sog. Arbeitsexternat dient im Hinblick auf die Entlassung aus dem Strafvollzug der Eingliederung des Gefangenen in den Arbeitsmarkt, indem der Gefangene einer Arbeit aus- serhalb der Vollzugseinrichtung nachgeht – in der Regel nach Verbüssung mindestens der Hälfte der Freiheitsstrafe (Art. 77 a Abs. 1 und 2 StGB). Die Ruhe- und Freizeit verbringt er in

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