Recht Staat Wirtschaft 22

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6 Der Physiklaborant Erich Hagmann hat bei der MECH AG vor neun Jahren einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Nun will er sich selbständig machen. Nach seiner Kündigung macht ihn sein Chef auf das damals abgemachte Konkurrenzverbot aufmerksam. Herr Hagmann kann sich vage daran erinnern, findet aber in seinem Arbeitsvertrag keine schriftliche Abmachung. Beurteilen Sie diese Situation.

7 Frau Danuser hat mit der Fitus AG einen Konsumkreditvertrag abgeschlossen. Nachträglich wollen die beiden Vertragspartner noch eine wichtige Änderung am Vertrag anbringen. Welcher Form bedarf diese Änderung?

8 Susanne Giger interessiert sich für ein gebrauchtes Motorrad von der Speed AG und ent- schliesst sich, dieses zu kaufen. Mit dem Händler kommt sie überein, dass sie das Motorrad am nächsten Samstag gegen eine Barzahlung von CHF 2'500.– übernehmen kann. Als sie wie vereinbart am Samstag bei der Speed AG mit dem Geld erscheint, teilt ihr der Händler mit, er habe das Motorrad inzwischen zu einem höheren Preis einem Dritten verkauft und bereits ab- geliefert. Weil sie keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hätten, habe sie keinen Anspruch auf das Motorrad.. Beurteilen Sie die Rechtslage. 9 Jessica ist glücklich: Norbert Dusapin, Direktor der Dusapin AG, hat ihr gerade eine E-Mail geschickt, in der er ihre Bewerbung für den Posten der Einkaufsleiterin akzeptiert und sie für kommende Woche zur Unterzeichnung des Anstellungsvertrages einlädt. Die Freude ist jedoch von kurzer Dauer, weil sie Dusapin zwei Tage später anruft und erklärt, dass sie eine andere Bewerberin gefunden hätten, welche dem Jobprofil eher entspräche. Obwohl niedergeschla- gen, lässt sich Jessica nicht entmutigen und erwidert, dass sie rechtsgültig beschäftigt sei, da der Abschluss eines Arbeitsvertrages keine schriftliche Form erfordere. Hat sie Recht?

10 Ist es möglich, einen schriftlich abgeschlossenen Vertrag mündlich abzuändern?

Inhalt des Vertrags ( OR 19–21 )

Der Inhalt eines Vertrags ist grundsätzlich frei bestimmbar: Der Einzelne kann i.d.R. frei darüber entscheiden, ob, mit wem und mit welchem Inhalt er einen Vertrag abschliessen will (OR 19). Allerdings muss sich der Vertragsinhalt innerhalb von gesetzlichen Schranken bewegen. So ist ein Vertrag nichtig – das heisst wie wenn er nie Zustande gekommen wäre –, wenn er einen unmögli- chen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst (OR 20). Ein unmöglicher Vertrag liegt vor, wenn bei Vertragsabschluss die versprochene Leistungen objektiv nicht erbringbar ist, das heisst niemand die versprochene Leistung erbringen kann. Beispiel: Vertrag, in welchem sich der Schuldner verpflichtet, ein Kunstwerk zu liefern, das schon seit langem zerstört ist. Ein widerrechtlicher Vertrag liegt vor, wenn der Vertrag gegen die Rechtsordnung verstösst. Beispiel: Vertrag, in welchem sich der Schuldner verpflichtet, jemanden umzubringen oder Dro- gen zu liefern. Ein sittenwidriger Vertrag liegt vor, wenn er das Persönlichkeitsrecht einer Partei verletzt (ZGB 27 Abs. 2) oder gegen die Moral oder das Anstandsgefühl verstösst. Beispiel: Vertrag über Schmiergeldzahlungen Bei der Übervorteilung liegt ein wesentliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis- tung vor. Der Übervorteilte (Ausgenützte) muss sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einer Notlage befinden, oder es muss sich um einen leichtsinnigen, unerfahrenen Vertragspartner handeln. Der Ausbeuter nutzt die Kenntnis über diese Umstände zu seinen Gunsten aus. Der Über- vorteilte kann in diesem Fall den Vertrag anfechten und erklären, dass er sich nicht daran halte.

Nichtige Verträge

Übervorteilung ( OR 21 )

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