Recht Staat Wirtschaft 20

RECHT | STAAT | WIRTSCHAFT

Der Inhaber der Akte (so wird die Privatperson oder die öffentliche Stelle bezeichnet, die über den Zweck und den Inhalt der Akte entscheidet) muss dann kommunizieren:

➞ alle ihn/sie betreffenden Daten, die in der Datei enthalten sind, einschliesslich der verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten; ➞ den Zweck und gegebenenfalls die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, die Kategorien der verarbeiteten Personendaten, die Teilnehmer an der Datei und die Empfänger der Daten. Diese Informationen müssen kostenlos und schriftlich zur Verfügung gestellt werden. Im Falle einer Verweigerung kann die betroffene Person die Angelegenheit einem Richter vorlegen, um den Inhaber der Akte zur Erteilung der Auskunft zu zwingen. Das DSG präzisiert auch den Begriff der Persönlichkeitsverletzung in Bezug auf Daten sowie die Voraussetzungen, unter denen das Opfer Persönlichkeitsschutzklagen erheben kann (ZGB 28 ff., siehe oben). Insbesondere nennt er die Gründe für die Aufhebung der Rechtswidrigkeit (vgl. ZGB 28 Abs. 2). Ein überwiegendes Interesse kann z. B. die Tatsache sein, dass die verarbeite- ten Daten im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrages (Arbeitsvertrag, Mandat eines Rechtsanwalt usw.) stehen. Eine weitere Rechtfertigung kann z. B. das Recht von Polizei und Gerichten sein, bestimmte Daten (Strafregister, Telekommunikationsregister, Internet-Zugangs- daten usw.) einzusehen oder anzufordern.

DSG 15 sieht auch gewisse Ergänzungen zu Klagen vor, die sich aus dem Zivilgesetzbuch ergeben.

Schliesslich sieht das Datenschutzgesetz in den Artikeln 34 und 35 strafrechtliche Sanktionen für den Fall vor, dass der Datenverarbeiter gegen bestimmte Verpflichtungen verstösst. Im Vergleich zu anderen Gesetzen bleiben diese Sanktionen jedoch aus verschiedenen Gründen sehr milde und nicht sehr abschreckend:

➞ Zuwiderhandlungen sind einfache Verstösse, die mit einer Geldstrafe (maximal 10 000 Franken, gemäss StGB 106 Abs. 1) geahndet werden.

➞ Sie werden nicht von Amts wegen strafrechtlich verfolgt, sondern nur auf Klage des Opfers. ➞ Nur die natürliche Person, die die Straftat begeht, kann strafrechtlich verfolgt werden, nicht das Unternehmen, das sie beschäftigt. Zum Vergleich: Nach dem Skandal von Cambridge Analytica wurde Facebook im Jahr 2017 von der französischen Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés zu einer Geldstrafe von 150 000 Euro und im April 2020 von der US-Verbraucherschutzbehörde zu einer Geldstrafe von 5 Milliarden Dollar verurteilt.

AUFGABEN | PERSÖNLICHKEITSRECHT UND DATENSCHUTZ

1 Nach Jahren des Unbehagens entscheidet sich Michèle für eine Septumplastik (Operation zur Korrektur einer Abweichung der Nasenscheidewand). Als sie aufwacht, bemerkt sie, dass sich das Aussehen ihrer Nase verändert hat. Der Chirurg gesteht, dass er die Operation genutzt hat, um ihre Nase zu verschönern, indem er den Höcker auf dem Rücken verkleinert und ver­ feinert hat, und zwar auf Wunsch ihres Mannes, der ihr die «perfekte Nase» geben wollte, von

der sie seit Jahren geträumt hat. Analysieren Sie die Rechtslage.

2 Da Flavien heute nicht zur Schule gehen kann, bittet sie ihren Freund Marco, den Unterricht mit seinem Handy aufzuzeichnen. Kurz bevor die erste Klasse des Tages beginnt, wendet sich Marco an den Mathematiklehrer, Herrn Merz, und fragt ihn, ob er die Lektion aufnehmen dürfe. Herr Merz dankt ihm für seine Höflichkeit und antwortet, dass er Aufzeichnungen immer erlaube, wenn sie zu Übungszwecken dienen, insbesondere wenn sie einem abwesenden Klassenkameraden helfen sollen. Infolgedes- sen zeichnet Marco alle Klassen des Tages auf, ohne die anderen Lehrer um Erlaubnis zu bitten.

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