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höhungen oder mit Ausgabenkürzungen vorgenommen werden. Eine solche Blockade führt zu steigenden Schulden.

Schuldenbremsen zur Schuldbegrenzung

In der Schweiz stiegen in den 1990er-Jahren die Schulden von Bund, Kantonen und Gemeinden – definiert als Schuldenquote am Bruttoinlandprodukt (BIP) – kontinuierlich von knapp 30 Prozenten im Jahr 1990 bis auf gut 50 % im Jahr 1998 an. Zu diesen in der Bilanz als Fremdkapital ausgewie- senen Schulden kommen die in der Bilanz nicht aufgeführten impliziten Schulden dazu. Dies sind Schulden für heute eingegangene, aber erst in der Zukunft fällige Verpflichtungen, z. B. die AHV. Dieser Anstieg führte zu intensiven politischen Aktivitäten beim Bund. Im Jahr 2001 nahm das Volk mit grosser Mehrheit die Schuldbremse mit der Verankerung in der Bundesverfassung an. Das Hauptziel besteht darin, dass über einen ganzen Konjunkturzyklus von rund 5 bis 7 Jahren keine neuen Schulden mehr zugelassen sind. In einer Rezession darf die Verschuldung ansteigen, die aber in der Hochkonjunktur wieder abgebaut werden muss. Seit Einführung der Schuldbremse im Jahre 2003 hat der Bund seine Bruttoschuld bis 2019 um 27 Milliarden Franken auf noch 97 Milliarden Franken abgebaut. Die Schuldenbremse hat sich somit als wirksam erwiesen. Der Bund unterscheidet zwischen dem ordentlichen und dem ausserordentlichen Haushalt. Au- sserordentliche Ausgaben sind auf aussergewöhnliche und vom Bund nicht steuerbaren Ent- wicklungen wie schwere Rezessionen, Naturkatastrophen, Pandemien oder Epidemien zurück- zuführen. Entsprechend werden die beiden Steuerinstrumente ausserhalb der Staatsrechnung «Ausgleichskonto» für die ordentlichen Rechnung und «Amortisationskonto» für die ausseror- dentliche Rechnung ausserhalb der Staatsrechnung geführt. Dem Ausgleichskonto werden die strukturellen Defizite der ordentlichen Rechnung belastet. Dem Amortisationskonto werden die ausserordentlichen Ausgaben und Einnahmen wie die ausserordentlichen Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank belastet resp. gutgeschrieben. Sie zeigen in jedem Jahr die seit Einführung der beiden Schuldenbremsen kumulierten Überschüsse resp. die Defizite auf. Zur Bekämpfung der Corona-Krise hat der Bund in den Jahren 2020 bis 2022 gesamthaft 32,8 Milliarden Franken ausgegeben. Davon entfallen 30,3 Milliarden Franken auf den ausserordentli- chen Haushalt und 2,5 Milliarden Franken auf den ordentlichen Haushalt (vgl. Band 1 Bericht zur Staatsrechnung 2022 des Bundes vom 30.3.2023). Per Ende 2022 wiesen das Ausgleichskonto für den ordentlichen Haushalt einen Überschuss von 21,9 Milliarden Franken und das Amortisationskonto für den ausserordentlichen Haushalt ein De- fizit von 22,7 Milliarden Franken auf. Es stellt sich die Frage, wie dieses kumulierte Defizit der ausserordentlichen Rechnung wieder abgebaut wird. Am 30. September 2022 beschloss das Parlament, den gesamten Fehlbetrag des ausserordentlichen Haushaltes statt wie bisher in 6 Jahren neu innerhalb der nächsten drei Legis- laturperioden, also in 12 Jahren bis 2035, auszugleichen. Dem Amortisationskonto werden zusätz- lich zu den ausserordentlichen Einnahmen neu die strukturellen Finanzierungsüberschüsse des ordentlichen Haushalts gutgeschrieben. Die strukturellen Defizite wie z.B. im Jahre 2022 werden jedoch weiterhin dem Ausgleichskonto belastet. Damit werden die Schulden ohne Sparprogram- me oder Steuererhöhungen abgebaut und so ausgestaltet, dass die Erholung der Wirt-schaft möglichst wenig beeinträchtigt wird. Neben dem Bund haben die meisten Kantone ebenfalls Schuldenbremsen eingeführt. Im Detail unterscheiden sie sich. Alle zielen darauf hin, die absolute Höhe der Schulden oder die Schulden- quote als Anteil des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen oder gar abzubauen. Häufig werden die Schuldenbremsen ergänzt mit Ausgabenbremsen und Regeln zur Stabilisierung der Staatsquote. Alle diese Regeln haben den Zweck, neue Ausgaben zurückhaltend und nur dann zu bewilligen, wenn die Finanzierung sichergestellt ist und mit keinem dauerhaften Anstieg der Schulden- und Staatsquote einhergeht.

Schuldenbremse und Corona

Kantonale Schuldenbremsen

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