RECHT | STAAT | WIRTSCHAFT
Für Regierung, Parlament und Volk ist eine Verschuldung schmerzloser als Steuererhöhungen oder Einschnitte bei der Aufgabenerfüllung vorzunehmen.
In den Führungssystemen der Staatshaushalte besteht die Tendenz, Entscheide zu neuen Ausga- ben von den Entscheiden zur Finanzierung zu trennen. Ausgabenentscheide werden laufend mit den entsprechenden Sachvorlagen bei Bauten oder neuen Aufgaben vorgenommen, während die Finanzierungsentscheide erst später mit dem Budget gefällt werden. Dann ist es häufig zu spät, die Finanzierung sicherzustellen oder die Ausgabenentscheide wieder rückgängig zu machen. Parlamentariergruppen, die bestimmte Interessen vertreten, fällen ihre Abstimmungsentscheide häufig nach folgendem Muster, um eine Mehrheit zu gewinnen: Ich stimme für dein Anliegen, wenn du auch für mein Anliegen stimmst. Bekannt dafür ist die Landwirtschaft, der es oft gelingt, Zustimmung von ganz unterschiedlichsten politischen Lagern zu gewinnen. Dies führt zu höheren Ausgaben und Verschuldung. Bei den Verteilungskonflikten zwischen Generationen versucht die heutige Generation von schul- denfinanzierten Staatsaufgaben zu profitieren und die daraus entstehende Steuerlast der nach- folgenden Generation zu überlassen. Diese Generation hat keinen Einfluss im laufenden politi- schen Prozess, da sie jung ist und damit kein Stimmrecht hat oder gar noch nicht geboren ist. Eine Verzögerung der Budgetanpassung kann dann eintreffen, wenn aufgrund eines Budgetscho- ckes oder von grossen neuen finanzpolitischen Herausforderungen beim Handlungsbedarf zwar Einigkeit herrscht. Hingegen sind sich die politischen Akteure aufgrund ihrer unterschiedlichen politischen Auffassung uneinig über den Weg der Budgetsanierung, soll dies z. B. mit Steuerer-
FUNKTIONSWEISE DER SCHULDENBREMSE BEIM BUND
Ausgaben
Einnahmen
Zeit
Die Schuldenbremse will die Verschuldung über den Konjunkturzyklus hinweg konstant halten. Sie ist eine Ausgabenregel und steuert den Bundeshaushalt durch die Begrenzung der Ausgaben. Konkret begrenzen die um den Konjunkturfaktor angepassten Einnahmen den Ausgabenplafond.
Die Formel lautet: A = E × k
A bezeichnet hierbei den Höchstbetrag der beantragten Gesamtausgaben, E die geschätzten Ein nahmen und k den Konjunkturfaktor. Er ist definiert als das Verhältnis des geschätzten Trend-Brutto- inlandprodukts zum geschätzten aktuellen Bruttoinlandprodukt:
Trend BIP
Trend-BIP aktuelles BIP
k < 1
k =
k < 1
k > 1
Aktuelles BIP
In der Hochkonjunktur ist der Konjunkturfaktor kleiner als eins, wodurch Überschüsse zu erzielen sind. Während einer Rezession ist der Konjunkturfaktor grösser als eins, damit sind Defizite erlaubt. Über den ganzen Konjunkturzyklus gleichen sich Überschlüsse und Defizite aus, und der Haushalt ist längerfristig ausgeglichen.
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