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Reformvorschläge für Initiativen HÖHERE HÜRDEN

Ideen zur Verschärfung des Initiativrechts gibt es viele. Der Widerstand wird gegen alle gross sein.

Mehr Unterschriften Als 1978 die Unterschriftenzahl für Initiativen auf 100 000 verdoppelt wurde, entsprach das 2,6 Prozent der Stimmberechtigten. Heute sind es weniger als 2 Prozent – Tendenz sinkend. Angesichts dieser Entwicklung werden Stimmen laut, die eine Erhöhung der Unterschriftenzahl fordern. Der frühere SVP-Nationalrat Hanspeter Seiler wollte die Zahl bereits 1992 erhöhen und eine Regelung für eine periodische Anpassung einführen – hatte damit im Parlament aber keine Chance. Kürzere Sammelfristen Der ehemalige Staatssekretär für Wirtschaft und heutige CS-Verwaltungsrat Jean-Daniel Gerber will die Sammelfrist von heute 18 auf 9 Monate halbieren. Quorum von Parlamentariern Nur jene Initiativen sollen an die Urne kommen, die im Vorfeld ein bestimmtes Quorum an Parla- mentariern überzeugen konnten. Verbot für grosse Parteien Die frühere Bundeskanzlerin Annemarie Huber- Hotz (FDP) will den Parteien mit Fraktionsstärke den Gebrauch des Instruments der Initiative ver- bieten, wie sie der «Zentralschweiz am Sonntag» sagte. Pflichtgang aufs Amt Bereits 1993 forderte der CVP-Nationalrat Ulrich Blatter, dass Initiativen nur noch auf Amtsstellen unterschrieben werden können. Erfolglos. Jetzt startet Nationalrat Karl Vogler, ebenfalls Mitglied

der CVP-Fraktion und Obwaldner, einen neuen Versuch: «So unterstreichen die Unterzeichner ihren politischen Willen.» Materielle Vorprüfung Der Bundesrat schlug Anfang 2013 vor, Volks- initiativen vor der Unterschriftensammlung auf ihre Völkerrechtskonformität hin zu prüfen. Die Reaktionen von Parteien und Verbänden waren derart negativ, dass der Bundesrat seine Pläne Ende 2013 bereits wieder vergrub. Mehr Ungültigkeitsgründe Heute erklärt das Parlament eine Initiative für ungültig, wenn sie die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende Bestimmun- gen des Völkerrechts verletzt. Die Staatspolitische Kommission des Ständerats evaluiert nun unter der Leitung der Grünliberalen Verena Diener eine striktere Handhabung. Auch der Bundesrat unter- nahm schon mal einen Anlauf: Er schlug 2013 vor, dass das Parlament eine Volksinitiative auch für ungültig erklären kann, wenn sie die Kerngehalte der Grundrechte der Bundesverfassung verletzt. Er hat das Projekt aber sistiert. Dilemma aufheben Der Think Tank Foraus schlägt vor, in der Verfas- sung die Vermutung festzuschreiben, wonach Initiativen im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz umgesetzt werden, sofern diese nicht explizit die Kündigung des entsprechenden Vertrags fordert. Zudem sollte die Bevölkerung bei völkervertragsrechtswidrigen Initivativen parallel auch über die Kündigung des betroffenen Vertrags abstimmen müssen.

ANFORDERUNGEN AN E-VOTING SYSTEME Wenn Kantone E-Voting einsetzen wollen, müssen sie heute eine entsprechende Bewilligung der Bun- deskanzlei einholen. Diese verlangt unter anderem, dass das Stimmgeheimnis gewahrt wird und dass die individuelle Verifizierbarkeit gegeben ist. Letzteres bedeutet, dass das System dem Stimmbürger bestätigt, dass seine Stimme korrekt registriert wurde, normalerweise mittels eines Codes. Bis Anfang 2019 wurde E-Voting in zehn Kantonen angeboten. Den Kantonen standen damals zwei E-Voting-Systeme zur Auswahl: das System des Kantons Genf sowie jenes der Schweizerischen Post. Gestützt auf seinen Entscheid vom November 2018 hat der Kanton Genf im Juni 2019 darüber informiert, dass sein System per sofort nicht mehr zur Verfügung steht. Die Post hat am 5. Juli 2019 kommuniziert, dass das individuell verifizierbare System den Kantonen nicht mehr angeboten wird.

Da in der Schweiz zurzeit kein E-Voting-System zur Verfügung steht, ist E-Voting in der Schweiz im Moment nicht möglich.

Mitte 2019 hat der Bundesrat der Bundeskanzlei den Auftrag erteilt, bis Ende 2020 mit den Kantonen eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs zu konzipieren. Neue rechtliche Grundlagen für Versuche mit E-Voting liegen seit Mitte 2022 vor.

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