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Der Begriff des Wertpapiers

15.1

Die Wertpapiere gehören zu den qualifizierten Schuldtiteln. Sie sind in OR 965 folgendermassen definiert: «Wertpapier ist jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch auf andere übertragen werden kann.» Hier schwingen zwei Bedeutungen mit: ➞ Der Schuldner des Rechts verpflichtet sich, als Voraussetzung für die Erbringung seiner Leistung die Vorweisung der Urkunde zu fordern. ➞ Eine Abtretung ist nur dann möglich, wenn auch die Urkunde an den Abtretungsempfänger übergeben wird. Im Gegensatz dazu ist bei einer gewöhnlichen Urkunde die Besitz- übertragung keine notwendige Bedingung für die Rechtsübertragung (OR 164), wenngleich der Abtretende dem Abtretungsempfänger sowohl die Urkunde als auch alle sonstigen Beweismittel übergeben muss (OR 170 Abs. 2). Darüber hinaus sieht das Gesetz bei Verlust der Urkunde unterschiedliche Konsequenzen vor: ➞ Bei einer gewöhnlichen Urkunde reicht eine private Kraftloserklärung aus (OR 90 Abs. 1). ➞ Ein Wertpapier hingegen kann nur durch Gerichtsentscheid für kraftlos erklärt werden ( OR 971 ).

Die verschiedenen Wertpapierarten

Das Gesetz unterscheidet drei Arten von Wertpapieren: die Namenpapiere ( OR 974–977 ), die Ordrepapiere ( OR 1145–1146 ) und die Inhaberpapiere ( OR 978–989 ).

Namenpapiere werden wegen ihrer geringen Verkehrsfähigkeit «hinkend» genannt. Sie waren im Handel schon immer selten zu finden und sind heute praktisch verschwunden, weshalb wir sie hier nur kurz erwähnen. Ordre- und Inhaberpapiere werden wegen ihrer guten Verkehrsfähigkeit als vollkommene Wert- papiere (oder auch Wertpapiere des öffentlichen Glaubens) bezeichnet. Diese Verkehrsfähig- keit ist einem Merkmal geschuldet, das sie von den Namenpapieren unterscheidet, nämlich die Unwirksamkeit der Einreden des Schuldners (OR 979 und 1146). Konkret heisst das, dass der Schuldner ihm zustehende Einreden gegen die Person, zugunsten derer das Wertpapier geschaf- fen wurde, dem aktuellen Inhaber des Wertpapiers nicht entgegensetzen kann (Beispiele für Einreden: Einigungsmangel beim Abschluss des Vertrags, durch den die Forderung begründet wurde, Anspruch auf Preisminderung bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache, Aufrechnung usw.). Dieser Grundsatz gewährt dem Käufer eines Wertpapiers somit grosse Sicherheit. Das in OR 1145 definierte Ordrepapier ist ein Wertpapier, durch das der Schuldner verspricht, eine Zahlung an denjenigen zu leisten, der durch den Wortlaut der Urkunde legitimiert wird. Die Übertragung einer solchen Urkunde erfolgt normalerweise durch Indossierung (OR 968-969).

Beispiele für Ordrepapiere: Wechsel, Check, Warenpapier.

Achtung: Anders als ihr Name vermuten lässt, sind der Namenschuldbrief (ZGB 860 Abs. 1) und die Namenaktie (OR 622 Abs. 1) keine Namenpapiere, sondern Ordrepapiere!

Das in OR 978 Abs. 1 definierte Inhaberpapier ist ein Wertpapier, durch das der Schuldner ver- spricht, gegen einfache Vorweisung eine Zahlung an den Inhaber zu leisten. Dieses Wertpapier lässt sich am leichtesten handeln, birgt aber im Fall des Verlusts oder Diebstahls auch die gröss- ten Risiken für den Gläubiger.

Beispiele für Inhaberpapiere: Obligation, Termingeld, Inhaberaktie, Genussschein, Partizipations- schein, Coupon, Inhabercheck.

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