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Nachdem er seine Kommilitonen vom Kauf unterrichtet hat, sind diese entsetzt. Sie werfen ihm vor, eigenmächtig ein Auto gekauft zu haben, das viel zu viel Benzin verbrauche. Felix Stauffer und Kurt Halder nehmen sofort mit der Garage Senn Kontakt auf und erklären, der Kaufvertrag sei für sie unverbindlich. Trifft dies zu?

7 Ralph Fischer und Peter Dörler führen sei Jahren ein Gipsergeschäft unter der Bezeichnung «Gipserei Fischer & Dörler». Eine Eintragung ins Handelsregister ist nie erfolgt. In den Jahren 2016 / 2017 wurde ein Umsatz von CHF 900 000.– bzw. CHF 950 000.– erzielt. Nebst einer Regelung der Gewinnverteilung hatten die beiden Geschäftsinhaber eine Vereinbarung über das Eingehen von Verträgen mit Dritten getroffen. Danach durfte jeder Teilhaber die Gipserei nur bis zum Betrag von CHF 5000.– verpflichten. Für den Abschluss von Verträgen, die zu grösseren Verpflichtungen der Gesellschaft führten, war die Zustimmung beider Teilhaber erforderlich. Am 12. Oktober 2018 traf Ralph Fischer zufällig mit dem Architekten und Generalunternehmer Karl Stiefel zusammen. Dieser war einer der besten Kunden der Gipserei Fischer & Dörler. Da Stiefel in einer Liquiditätskrise steckte, ging er Ralph Fischer in dessen Eigenschaft als Teilha- ber der Gipserei Fischer & Dörler um ein kurzfristiges Darlehen an. In der Absicht, die guten Geschäftsbeziehungen mit dem Architekten und Generalunternehmer Stiefel zu fördern, war Ralph Fischer bereit, dem Darlehensbegehren zu entsprechen. Er schloss mit Karl Stiefel noch gleichentags im Namen der Gipserei Fischer & Dörler einen Darlehensvertrag über CHF 20 000.– ab und versprach diesem, der Betrag werde ihm am 15. Oktober 2018 ausgehän- digt. Da sich Peter Dörler auf einer Auslandreise befand, konnte Fischer seinen Partner nicht ori- entieren. Er ging jedoch davon aus, dass dieser mit der Darlehensgewährung einverstanden sei. Am 14. Oktober 2018 kehrte Peter Dörler vorzeitig aus den Ferien zurück. Entgegen den Erwartungen von Ralph Fischer sprach er sich gegen eine Darlehensgewährung an Stiefel aus. Als Stiefel am 15. Oktober 2018 die Darlehenssumme in Empfang nehmen wollte, machte Peter Dörler geltend, die Gipserei Fischer & Dörler sei durch den Darlehensvertrag nicht verpflichtet worden. Zum Abschluss des Vertrages wäre auch seine Zustimmung nötig gewesen. Trifft dieser Rechtsstandpunkt zu? Die AG ist in der Schweiz, nach der Einzelfirma, die häufigste Rechtsform. Der grosse Vorteil der AG liegt darin, dass für die Verbindlichkeiten der AG nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Bei einem Konkurs verliert der Aktionär maximal sein Aktienkapital, haftet also nicht noch zusätzlich mit seinem Privatvermögen. Die AG ist eine kapitalbezogene Körperschaft. Damit sie handlungs- fähig ist, müssen Organe bestellt werden: Die Generalversammlung ist das oberste Organ in einer AG und besteht aus allen Aktionären. Sie bestimmt die Statuten und wählt den Verwaltungsrat und die Revisionsstelle. In einer AG muss ein Verwaltungsrat bestellt werden, der aus einem oder mehreren Aktionären besteht. Der Verwaltungsrat ist das oberste Aufsichts- und Gestaltungsor- gan in der AG. Es muss weiter eine Revisionsstelle bestimmt werden. Diese hat der Generalver- sammlung jährlich einen Geschäftsbericht vorzulegen und ist für die Prüfung der Buchhaltung und der Jahresrechnung zuständig. Seit Inkrafttreten des neuen Rechnungslegungsrechts kann die AG (sowie die GmbH und Genossenschaft) unter gewissen Voraussetzungen auf eine Revision verzichten (sog. Opting-Out). Dieser Verzicht muss im Handelsregister vermerkt werden. Die AG kann ihre Firma frei wählen, muss aber zwingend den Zusatz «AG» enthalten (OR 950). Das Aktienkapital wird im Voraus bestimmt, muss mindestens CHF 100 000.– betragen, und wird in Teilsummen (Aktien) zerlegt. Der Nennwert einer Aktie muss dabei mindestens 1 Rappen betra- gen. Es gibt Inhaber- und Namenaktien. Bei den Namenaktien werden die Eigentümer mit ihrem Namen in das Aktienbuch eingetragen. Dies ermöglicht eine Kontrolle der Zusammensetzung der Aktionäre. Bei den Inhaberaktien ist der Eigentümer unbekannt. (Anmerkung: Inhaberaktien sind ab sofort nur noch zulässig, wenn sie an einer Börse kotiert oder als Bucheffekten ausgestaltet sind. Lag keine der beiden Ausnahmen vor, mussten Gesellschaften ihre Inhaberaktien bis spätes- tens 30. April 2021 in Namenaktien umwandeln.) Eine AG kann durch eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen gegründet werden (OR 625). Durch die Aktionäre wird das bestimmte, in Teilsummen zerlegte Kapital eingebracht. Die Aktionäre haben Vermögens-, Mitwirkungs- und Schutzrechte. Die Gründung einer AG erfolgt

Aktiengesellschaft ( OR 620 ff. )

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