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Kostendämpfungs­ massnahmen

Selbst unter der Voraussetzung, dass das aktuelle Leistungsniveau in der Grundversicherung beibehalten wird und Rationierung oder Leistungsabbau nicht erwünscht sind, ist eine Kosten- dämpfung möglich. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die Kosten auf die lange Sicht zurückgehen. Bundesrat und Parlament arbeiten derzeit an Massnahmen, um den Kostenanstieg wenigstens zu verlangsamen oder die Qualität bei gleichbleibenden Kosten zu erhöhen. Gute Qualität verhindert Fehl- und Mehrfachbehandlungen und ist somit in vielen Fällen nachhaltig günstiger. Entsprechende Anstrengungen müssen auf allen Ebenen intensiviert werden. Bei den Leistungserbringern sollte in einem ersten Schritt Transparenz geschaffen werden, um konkrete Massnahmen ergreifen zu können, deren Resultate messbar sind. Aber auch die Krankenversicherer stehen in der Pflicht. Innovative Versorgungsmodelle im AVM-Bereich mit Anreizen zu einer umfas- senden integrierten Versorgung erhöhen ebenfalls die Qualität und senken so die Kosten. Ambulant vor Stationär: Durch den medizinisch-technologischen Fortschritt sind immer mehr Behandlungen ohne Übernachtung im Spital möglich. Die weniger invasiven Eingriffe senken nicht nur das Infektionsrisiko und die Komplikationsrate, sondern verkürzen auch den Spitalauf- enthalt deutlich. Dies reduziert die Kosten und erhöht die Qualität. Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen wurde vom Parlament beschlossen, jedoch ergriff der VPOS (Gewerkschaft) das Referendum : Im ambulanten Bereich bezahlen die Krankenversicherer heute 100 % der Kosten. Stationär müssen die Versicherer nur 45 % der Kosten bezahlen. Der andere Teil der Rechnung (55 %) geht jeweils direkt an den Wohn- kanton und wird über Steuern finanziert. Um AVOS voranzutreiben sollten alle Leistungen mit demselben Kostenteiler zwischen Versicherer und Kanton vergütet werden. Wird das Referen- dum abgelehnt, bezahlen in Zukunft die Versicherer 73.1 % und die Kantone 26.9 %. Neben der Beseitigung der Fehlanreize an der Schnittstelle ambulant/stationär wird so auch sichergestellt, dass der über progressive Steuern finanzierte Kantonsanteil (gutverdienende bezahlen einen Grossteil der Steuern) nicht zu Lasten der degressiv erhobenen Versicherungsprämien (Normal- verdiener bezahlen gleichviel wie Gutverdiener) abgebaut wird. Die kleinräumige Schweiz mit ihrer föderalen Struktur weist eine starke Fragmentierung im Gesundheitswesen auf. Der Ausspruch «Jedem Täli sein Spitäli» ist weiterhin in vielen Regionen zu beobachten. Teure und nicht der Versorgungsrealität entsprechende Doppelspurigkeiten und inneffiziente Überkapazitäten sind Folge davon. Eine Gesundheits- und Spitalplanung in überkan- tonalen Regionen könnte mehr Ordnung und Effizienz bringen. Medikamente kosten in der Schweiz oft ein Vielfaches im Vergleich zum Ausland. Besonders gross sind die Preisunterschiede bei den Generika (Nachahmerprodukte mit identischem Wirkstoff von Medikamenten mit abgelaufenem Patentschutz). Überschreitet ein Medikament einen vorgege- benen Umsatz, sollten die Preise in der Folge sinken. Das Denken in Behandlungsketten, die Übernahme einer Koordinationsfunktion im Gesundheits- wesen oder auch die Teilnahme an Qualitätszirkeln erhöhen die Qualität und Effizienz der Versor- gung und haben damit einen kostendämpfenden Effekt. Die integrierte Versorgung der Ärzte und AVM-Modelle bei den Krankenversicherern sollten gefördert werden. Das Gesundheitswesen leistet einen wichtigen Beitrag für eine gute Gesundheit und hohe Lebensqualität. Das individuelle Verhalten der Menschen, sozioökonomische Aspekte oder auch Umweltfaktoren tragen jedoch ebenfalls einen wichtigen Anteil an der Gesundheit. Die Stärkung der «Health Literacy» (Gesundheitskompetenz), das eigenverantwortliche Handeln und der so- ziale Ausgleich dürfen darum in der Diskussion um ein gutes und bezahlbares Gesundheitswesen nicht vergessen gehen. Die Gesundheitskosten werden aufgrund des medizin-technischen Fortschritts und den hohen Ansprüchen an das Gesundheitswesen weiter steigen. Dieser Teil der Kosten kann nur schwer be- einflusst werden. Um eine qualitative und für alle zugängliche Versorgung zu gewährleisten, müssen daher Fehlanreize im Gesundheitssystem, wie beispielsweise gewisse Finanzierungsmechanismen, korrigiert werden. Dabei sollte jedoch nicht vergessen gehen, dass auch das eigene Verhalten jeder Person einen grossen Einfluss auf die Kosten hat, sowohl direkt im Sinne von Entscheidungen für oder gegen Leistungen im Gesundheitswesen als auch indirekt mit dem eigenen Lebensstil.

Massnahme 1: Qualität

Massnahme 2: AVOS

Massnahme 3: EFAS

Massnahme 4: Überkantonale Gesundheitsplanung

Massnahme 5: Mengenrabatte bei Medikamenten

Massnahme 6: Integrierte Versorgung

Massnahme 7: Prävention und Gesundheitsförderung

Fazit Die Kosten steigen – und was wir selber dagegen tun können

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