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Nominelle Zinssätze für dreimonatliche Depots 1999–2024 (LIBOR/Saron, in % pro Jahr)
6 7 8
5
4 3
( Quelle : SNB )
2
1
0
-1
-2
GBP Euro
USD JPY
CHF
Aus dem Diagramm sind Unterschiede im Niveau der Zinssätze, aber viele Parallelen im Auf und Ab (also in der Zinspolitik der Nationalbanken) ersichtlich. So war in den Jahren bis 2009 der Zinssatz für den japanischen Yen am niedrigsten, seit 2009 hingegen der Zinssatz für den Schwei- zer Franken. Von Anfang 2015 bis August 2022 war er negativ. Aufgrund der gestiegenen Teu- erung wurde er von der SNB sukzessive bis auf 1,75 % angehoben und im März 2024 auf 1,50 % gesenkt.
Zum Begriff Negativzins
Normalerweise erhält man für ein Guthaben auf einem Bankkonto einen Ertrag. Dieser hängt ab vom aktuellen Zinssatz, je höher der Zinssatz, desto grösser der Ertrag.
Wie das Diagramm zeigt, hat die SNB den 3-Monats-Zinssatz von Anfang 2015 bis Mai 2022 auf rund −0,75 % pro Jahr und von Juni-August 2022 auf -0,20 % gesetzt. Dies bedeutet, dass allen Banken, die Guthaben bei der SNB besitzen, pro Jahr 0,75 % (respektive 0,20 %) ihres Guthabens abgezogen wird. Anstelle eines Ertrags haben sie einen Verlust auf Ihren Guthaben bei der SNB. 2017−2018 hat die SNB damit im Durchschnitt CHF 2 Mrd. pro Jahr eingenommen. Darüber hinaus betrifft der Negativzins auch Eigentümer von Guthaben bei Banken. Das können andere Banken, grosse Firmen, Staaten (Bund, Kantone, Gemeinden) oder Pensionskassen sein. Zentral für die SNB war die Entwicklung des Wechselkurses des Schweizer Frankens. Dieser hat sich in den letzten 45 Jahren gegenüber allen anderen Währungen aufgewertet (siehe Grafik S. 294), und zwar nominell wie auch real. Die erfreuliche Folge davon sind günstigere Preise für Importgüter. Sorgen bereitet dagegen die Verteuerung der Schweizer Exportprodukte gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Aus diesem Grunde hat denn auch die SNB im September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 CHF pro Euro eingeführt. Sie betonte dabei, dass dies eine Übergangs- lösung sein werde und dass sie zu einem marktbestimmten Wechselkurs zurückkehren werde. Dies tat sie im Januar 2015. Damals war absehbar, dass der Franken bei einer Freigabe des Wech- selkurses sofort viel stärker würde. In der Tat war ein Franken 2015 kurzzeitig etwa einen Euro wert. Um eine solche Aufwertung, die die Exportbranchen und den Tourismus im internationalen Konkurrenzkampf spürbar geschwächt und die Arbeitslosigkeit erhöht hätte, dauerhaft zu ver- hindern, führte die SNB schon Anfang 2015 Negativzinsen ein. Diese sollen dazu führen, dass der Schweizer Franken als Anlagewährung unattraktiv ist und deshalb gemieden wird. Die Nachteile sind klar: Geld wird zu billig, der Zins kann die Lenkung kurz- und langfristiger Gelder in die produktivsten Verwendungszwecke nur noch teilweise erfüllen. Eine Folge ist der Boom der Hauspreise, weil Hypotheken so günstig zu haben sind. Zudem belasten Negativzinsen Banken, Grossunternehmen und Pensionskassen, die gezwungen sind, das Geld riskanter anzule- gen (z. B. in Aktien), um eine Rendite zu erzielen. Ein Börsenboom entsteht, ebenso steigen die Hauspreise stark an.
Warum die SNB Negativ zinsen eingeführt hat
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