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21.5.2 Vom Gegensatz Finanzplatz – Werkplatz

Aufgaben der Nationalbank

Die Schweizerische Nationalbank hat folgende Aufgaben: Sie muss für stabile Preise sorgen, die Wirtschaft mit genügend flüssigen Mitteln versorgen und dabei den Zahlungsverkehr erleichtern und sichern. Darüber hinaus soll sie zur Stabilität des Finanzsystems beitragen. (Nationalbankge- setz vom 3. 10. 2003, SR 951.11, Artikel 5). Als Hauptinstrument dient ihr der Zinssatz für kurzfristig (d. h. einen Tag bis drei Monate) angelegte Gelder. Sie setzt diesen Zinssatz so fest, dass die Preise für Konsumgüter (gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise ➞ siehe 21.22) um 0–2 % pro Jahr zunehmen. Um die oben aufgeführten Ziele zu erreichen, hat die Nationalbank ein grundsätzliches Problem, das sog. Politik-Trilemma, zu lösen. Prinzipiell wünschbar sind ein stabiler (= fixer) Wechselkurs für die eigene Währung, die volle Bewegungsfreiheit für den internationalen Kapitalverkehr und eine selbst bestimmbare (autonome) Geldpolitik. In einer Marktwirtschaft lassen sich diese drei Wünsche nicht gleichzeitig erfüllen. Eine Nationalbank muss auf einen Wunsch verzichten, damit die beiden anderen realisiert werden können.

Das Politik-Trilemma

Stabiler Wechselkurs

Autonome Geldpolitik

Freier Kapitalverkehr

Sie hat dabei drei Möglichkeiten: 1 Der Preis für einen stabilen Wechselkurs und einen freien Kapitalverkehr besteht darin, dass sie den inländischen Zinssatz nicht mehr selbst bestimmen kann. Dessen Entwicklung wird vielmehr von den wichtigsten ausländischen Zinssätzen gesteuert. 2 Ein stabiler Wechselkurs und eine autonome Geldpolitik erfordern, dass der internationale Kapitalverkehr von der Nationalbank kontrolliert, also eingeschränkt werden muss. 3 Bei einem freien Kapitalverkehr und einer autonomen Geldpolitik wird der Wechselkurs der eigenen Währung am Devisenmarkt bestimmt und ist deshalb nicht stabil. Für einen international bedeutenden Finanzplatz wie die Schweiz kommt die zweite Möglichkeit nicht in Frage. Die Schweizerische Nationalbank hat sich deshalb zwischen den Möglichkeiten 1 und 3 zu entscheiden.

Sie muss abwägen, was insgesamt für die schweizerische Wirtschaft am besten ist und hat sich 1973–2011 und ab Januar 2015 für die dritte und sonst für die erste dieser Möglichkeiten entschieden.

Aufgrund dieser Entscheidungen hat sich der Schweizer Franken seit 1973 stark aufgewertet, wie die nachfolgende Grafik zeigt. Für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft ist der reale (d. h. um die Inflationsrate bereinigte) Wechselkurs entscheidend. Wie aus der Ta- belle in der Grafik ersichtlich, schwankte die reale Aufwertung des Frankens 1973–2023 je nach Währung zwischen 30 % und 73 %, d. h. um 0,5 %–1,1 % pro Jahr.

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