WIRTSCHAFT | STAAT | RECHT
Wissenschaftlich lässt sich die Überlegenheit der einen oder anderen Auffassung nicht belegen, weshalb die Richtungskämpfe vom politischen Glaubenssystem (den sogenannten Ideologien) geprägt sind. Linke sind Verfechter der nachfrageorientierten, Bürgerliche der angebotsorientier- ten Konjunkturpolitik.
In der Praxis findet sich in den letzten Jahrzehnten eine Mischung beider Konzepte. In Europa wird dies ergänzt durch eine Begrenzung der Staatschulden.
Dies gilt auch für die Schweiz, die Konjunkturpolitik weist fiskalistische wie auch monetaristische Züge auf. Eine wichtige Rolle spielt beim Bund und diversen Kantonen die Schuldenbremse (vgl. S. 242). Konjunkturpolitische Forschungsstellen an Universitäten beobachten den Wirtschaftsverlauf und machen Gestaltungsvorschläge. Politische Parteien, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften stellen Forderungen. Die Schweizer Nationalbank macht ebenfalls ihre Erhebungen und zieht da- raus Schlüsse für ihre Geld- und Zinspolitik. Und auf nationaler Ebene koordiniert das Staatsse- kretariat für Wirtschaft (seco) die konjunkturpolitischen Massnahmen des Bundes. Viele Akteure also, die versuchen, den Wirtschaftsverlauf zu beeinflussen. Wenn sich auch ihre Vorschläge stark unterscheiden, so sind sie sich doch weitgehend einig über die Ziele der Wirt- schaftspolitik, die gerne in einem «magischen Sechseck» dargestellt werden:
Wirtschaftspolitische Akteure
Vollbeschäftigung Möglichst geringe Arbeitslosigkeit
Das magische Sechseck
Preisstabilität Kampf der Geldentwertung
Wirtschaftswachstum Förderung eines steten ökonomischen Wachstums
Nachhaltigkeit Wenig Umweltbelastung Ausgeglichener Staatshaushalt
Aussenwirtschaftliches Gleichgewicht Ausgleich der Leistungsbilanz
Sozialer Ausgleich Sozialer Friede dank Verteilgerechtigkeit
Diese Ziele stehen zueinander in Beziehung. Die Massnahmen zu ihrer Verwirklichung begünsti- gen, neutralisieren oder beeinträchtigen sich gegenseitig. Hier ein allgemein akzeptiertes Gleich- gewicht zu finden, grenzt an Zauberei (Magie). Zudem finden diese Ziele nur allgemein formuliert breite Zustimmung; bei der konkreten Aus- gestaltung aber beginnen die Auseinandersetzungen. Dazu kommt, dass auch über die Gewichte (Prioritäten) der Ziele politisch heftig gestritten wird. So werden wirtschaftspolitische Prioritäten und Massnahmen laufend im politischen Prozess ausgehandelt.
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