WIRTSCHAFT | STAAT | RECHT
Schutz der Persönlichkeit ( ZGB 27 – 30 )
2.3
Persönlichkeitsrechte
Eine Person im juristischen Sinne des Wortes zu sein, bedeutet, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Einige dieser Rechte gehören zu den grundlegenden Eigenschaften des Menschen, d. h. es sind Rechte, die ihm allein aufgrund der Tatsache seiner Existenz zustehen, wie das Recht auf Leben, auf körperliche und geistige Unversehrtheit, auf Privatsphäre und auf Ehre. Im Zivilrecht werden sie als « Persönlichkeitsrechte » bezeichnet, und einige von ihnen haben auch den Status von Grundrechten (vgl. BV Art. 7 ff.). Während letztere in erster Linie darauf abzielen, den Ein- zelnen vor staatlichen Eingriffen zu schützen (vertikale Wirkung), regeln Persönlichkeitsrechte im Wesentlichen privatrechtliche Beziehungen (horizontale Wirkung). Sie sind in den Artikeln 27 ff. ZGB festgehalten und werden durch die Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Da- tenschutz (DSG) ergänzt. Juristische Personen geniessen auch Persönlichkeitsrechte, soweit sie menschenähnliche Interes- sen haben (z. B. Interesse am Schutz ihres Namens, ihrer Ehre, ihrer Privatsphäre, ihrer persönli- chen Daten). Andererseits versteht es sich von selbst, dass sie nicht in den Genuss von Rechten kommen können, die spezifisch menschlich sind, wie etwa das Recht auf Leben oder auf physi- sche und psychische Unversehrtheit. 1 Sie sind streng persönlich Dies bedeutet, dass ihre Ausübung nach ZGB 19c nur der Urteilsfähigkeit untergeordnet ist (vgl. S. 16). Ein Minderjähriger, der urteilsfähig ist, kann daher einem chirurgischen Eingriff oder der Aufführung eines Films, in dem er auftritt, ohne die Zustimmung seiner gesetzlichen Ver- treter zustimmen (oder diese ablehnen). Nur wenn der Minderjährige urteilsunfähig ist, werden seine Persönlichkeitsrechte von seinen gesetzlichen Vertretern ausgeübt. 2 Sie sind absolut Das bedeutet nicht, dass sie unbegrenzt sind, sondern dass sie jedem entgegengesetzt werden können. Anders ausgedrückt: Jeder ist verpflichtet, die Persönlichkeitsrechte zu respektieren. 3 Sie sind unveräusserlich Die Persönlichkeitsrechte sind ihrem Wesen nach unlösbar mit einer Person verbunden. Sie sind: ➞ unveräusserlich (man kann nicht auf sie verzichten) ➞ nicht übertragbar (sie können nicht verkauft oder verschenkt werden; die Nutzung bestimmter Rechte, wie z. B. das Recht auf einen Namen oder ein Bild, kann jedoch übertragen werden) ➞ nicht vererbbar (sie erlöschen mit dem Tod ihres Inhabers und gehen nicht auf die Erben über) ➞ unverjährbar, wie jedes absolute Recht (verwandtes Beispiel: Eigentumsrecht). Aber Achtung: Rechte aus deren Verletzung (z. B. Schadenersatzforderungen) verjähren. Eine erschöpfende Aufzählung der Persönlichkeitsrechte sucht man im ZGB vergeblich. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, sie nicht aufzulisten, um der Rechtsprechung die Mög- lichkeit zu geben, die Entwicklung der Gesellschaft zu berücksichtigen. Im Jahr 2009 z. B. wurde das Recht jedes Kindes, seine Abstammung zu kennen, vom Bundesgericht als Persönlichkeits- recht anerkannt. Es gibt keine einheitliche Einteilung (Klassifikation) der Persönlichkeitsrechte. Dennoch ist es möglich, einen Vorschlag zu machen: 1 Die physische Persönlichkeit umfasst das Leben, die physische und psychische Unversehrt- heit, die Bewegungsfreiheit, die sexuelle Freiheit und das Verfügungsrecht über den eigenen Körper. 2 Die emotionale Persönlichkeit umfasst die Bande der Zuneigung, die eine Person mit den Menschen um sie herum unterhält. Das Gesetz schützt das Recht eines Elternteils, Beziehun- gen zu seinen Kindern zu unterhalten (jedoch innerhalb der in ZGB 273 festgelegten Gren- zen), sowie das Recht der Verwandten einer verstorbenen Person, das Bild und die Ehre der verstorbenen Person zu schützen. In der Tat wird davon ausgegangen, dass die Verunglimp- fung eines Verstorbenen ein Angriff auf die eigene Persönlichkeit sein kann.
Merkmale
Eine Klassifikation
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