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Gründe für Staatsverschuldung
Folgende Gründe spielen bei der steigenden Staatsverschuldung eine wichtige Rolle: ➞ Verschuldung ist einfacher durchzusetzen als Steuererhöhung oder Ausgabensenkung ➞ Ausgabenentscheid wird getrennt vom Finanzierungsentscheid gefällt ➞ Stimmentausch von Interessensgruppen führt zu höheren Ausgaben ➞ Jüngere Generationen werden von der älteren Generation belastet ➞ Es gibt Verzögerung der finanzpolitischen Budgetanpassung Für Regierung, Parlament und Volk ist eine Verschuldung schmerzloser als Steuererhöhungen oder Einschnitte bei der Aufgabenerfüllung vorzunehmen. In den Führungssystemen der Staatshaushalte besteht die Tendenz, Entscheide zu neuen Ausga- ben von den Entscheiden zur Finanzierung zu trennen. Ausgabenentscheide werden laufend mit den entsprechenden Sachvorlagen bei Bauten oder neuen Aufgaben vorgenommen, während die Finanzierungsentscheide erst später mit dem Budget oder mit separaten Vorlagen gefällt wer- den. Dies zeigt z. B. die Abstimmung über die 13. AHV-Rente vom 3. März 2024. Dann ist es häufig schwierig oder zu spät, die Finanzierung rechtzeitig sicherzustellen oder die Ausgabenentscheide wieder rückgängig zu machen. Parlamentariergruppen, die bestimmte Interessen vertreten, fällen um eine Mehrheit zu gewinnen ihre Abstimmungsentscheide häufig nach folgendem Muster: Ich stimme für dein Anliegen, wenn du auch für mein Anliegen stimmst. Bekannt dafür ist die Land- wirtschaft, der es oft gelingt, Zustimmung von ganz unterschiedlichsten politischen Lagern zu gewinnen. Dies führt zu höheren Ausgaben und Verschuldung. Bei den Verteilungskonflikten zwischen Generationen versucht die heutige Generation von schul- denfinanzierten Staatsaufgaben zu profitieren und die daraus entstehende Steuerlast der nach- folgenden Generation zu überlassen. Diese Generation hat keinen Einfluss im laufenden politi- schen Prozess, da sie jung ist und damit kein Stimmrecht hat oder gar noch nicht geboren ist. Als Beispiel kann wiederum die Abstimmung zur 13. AHV-Rente herbeigezogen werden. Eine Verzögerung der Budgetanpassung kann dann eintreffen, wenn aufgrund eines Budgetscho- ckes oder von grossen neuen finanzpolitischen Herausforderungen beim Handlungsbedarf zwar Einigkeit herrscht. Hingegen sind sich die politischen Akteure aufgrund ihrer unterschiedlichen politischen Auffassung uneinig über den Weg der Budgetsanierung, soll dies z. B. mit Steuerer- höhungen oder mit Ausgabenkürzungen vorgenommen werden. Eine solche Blockade führt zu steigenden Schulden. In der Schweiz stiegen in den 1990er-Jahren die Schulden von Bund, Kantonen und Gemeinden – definiert als Schuldenquote am Bruttoinlandprodukt (BIP) – kontinuierlich von knapp 30 Prozenten im Jahr 1990 bis auf gut 50 % im Jahr 1998 an. Zu diesen in der Bilanz als Fremdkapital ausgewie- senen Schulden kommen die in der Bilanz nicht aufgeführten impliziten Schulden dazu. Dies sind Schulden für heute eingegangene, aber erst in der Zukunft fällige Verpflichtungen, z. B. die AHV. Dieser Anstieg führte zu intensiven politischen Aktivitäten beim Bund. Im Jahr 2001 nahm das Volk mit grosser Mehrheit die Schuldbremse mit der Verankerung in der Bundesverfassung an. Das Hauptziel besteht darin, dass über einen ganzen Konjunkturzyklus von rund 5 bis 7 Jahren keine neuen Schulden mehr zugelassen sind. In einer Rezession darf die Verschuldung ansteigen, die aber in der Hochkonjunktur wieder abgebaut werden muss.
Schuldenbremsen zur Schuldbegrenzung
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