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Beitrittsgegner

Beitrittsgegner fürchten den Verlust unserer direktdemokratischen Rechte und ein Diktat der grossen EU-Mitglieder. Ausserdem sei mit einer höheren Steuerbelastung (Mehrwertsteuer), der (zumindest mittelfristigen) Aufgabe des Frankens und höheren Zinsen zu rechnen. Die Schweiz wäre zudem Nettozahler, müsste also mehr Mittel an die EU leisten als sie zurückerhielte. Die EU fordert seit 2008, dass, wenn die Schweiz an weiteren Sektoren des EU-Binnenmarktes teilnehmen will, sie künftig Weiterentwicklungen des europäischen Binnenmarktrechts verbind- lich nachvollziehen soll. Ferner sollte sich die Schweiz nach Meinung der EU bei Streitigkeiten um die Umsetzung der europäischen Gerichtsbarkeit unterordnen. Nur dadurch könne gewährleistet werden, dass im europäischen Binnenmarkt überall die gleichen Regeln gelten.

Umstrittene Fragen Institutionelle Einbindung

Umstrittenes InstA

Diese Vorstellungen der EU wurden im sogenannten Institutionellen Abkommen (InstA; oftmals auch Rahmenvertrag) mit der Schweiz zu Papier gebracht. Unser Land tut sich schwer damit.

Einerseits weiss man um die Bedeutung des EU-Marktes für unsere Wirtschaft und befürchtet bei einer Ablehnung das allmähliche Ende des Bilateralen Wegs. Wohlstandeinbussen, Firmenverla- gerungen und Arbeitsplätzeabbau wären die Folgen.

Andererseits werden Souveränitätsverlust und weitreichende gesellschaftliche und innenpoliti- sche Folgen beim Zustimmen zu diesem «Kolonialvertrag» befürchtet. In seiner jetzigen Form führe er auf stillem Weg in die EU. Unser Bundesrat hat es Mitte 2021 abgelehnt, das Rahmenabkommen zu unterschreiben, weil er befürchten musste, dass die Vorlage vom Schweizer Stimmvolk nicht akzeptiert wird. Die EU wiederum insistiert weiterhin auf dem Rahmenvertrag und erhöht den Druck auf die Schweiz (kein Nachführen der bisherigen und kein Abschluss von neuen Bilateralen Verträgen sowie politisch motivierte Strafmassnahmen (z.B. Ausschluss von Erasmus und Horizon)). Zu Beginn 2024 verhandelt die Schweiz erneut in Brüssel über ein Rahmenabkommen 2.0. Der Bundesrat hat dazu breit abgestützte Verhandlungsleitlinien verabschiedet. Die EU soll in be- sonders umstrittenen Bereichen (vor allem im Lohnschutz, den Unionsbürgerrichtlinien und den Staatsbeihilfen) zu Konzessionen und Ausnahmebewilligungen bereit sein. Kritiker sehen darin ein reines Ablenkungsmanöver, weil die Schweizer Unterhändler bei drei grundsätzlichen EU-Forderungen längst nachgegeben haben, die für viele in unserem Land nicht akzeptierbar sind: 1 «Dynamische» Rechtsübernahme: In allen Belangen, die von den Bilateralen abgedeckt werden, ist die EU jetzt und in Zukunft die rechtssetzende Behörde (Legislative, d.h. fremde Gesetzgeber). 2 In Streitfällen entscheidet letztlich der Europäische Gerichtshof (Judikative, d.h. fremde Richter). 3 Sollte die Schweiz eine Regelung nicht nachvollziehen wollen, weil sich z.B. der Stimmbür- ger in einer Abstimmung dagegen ausspricht, darf die EU «Ausgleichmassnahmen» (lies: Bestrafungen) einführen.

Wie geht es weiter?

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