RECHT | STAAT | WIRTSCHAFT
4 Markus Hubacher ist heute 20 Jahre alt. Er ist schon als Siebzehnjähriger von Zuhause ausgezogen und hat seither in verschiedenen Wohngemeinschaften gelebt. Seine Lehre hat er schon nach wenigen Monaten aufgegeben und hat sich seither mit Gelegenheitsarbeiten, Betteln und Ladendiebstählen über Wasser gehalten. Nach einem Einbruchdiebstahl wurde er nun in flagranti ertappt. Im Gutachten, das dem Richter vorliegt, ist die Rede davon, dass Markus Hubacher in seiner Persönlichkeitsentwicklung gestört ist. Der Richter ist der Auffassung, dass bei Markus eine Freiheitsstrafe nicht angebracht sei, da sie ihm nicht weiterhelfe, sich später in unserer Gesellschaft zurechtzufinden. Markus müsse gezielter geholfen werden. Welche Möglichkeiten hat der Richter, um Markus gezielte Hilfe zukommen zu lassen? 5 Die 17-jährigen Fachschüler Lukas Bolt, Adrian Hollenstein und Remo Sutter sind während eines Klassenlagers im Tessin im Ausgang. In einer Bar werden die drei Jugendlichen in einen Streit verwickelt. Der stark alkoholisierte Adrian Hollenstein verliert die Kontrolle und verpasst einem ihm unbekannten Jugendlichen einen heftigen Faustschlag in dessen Gesicht. Infolgedessen verliert der getroffene Jugendliche sein Bewusstsein und schlägt unglücklich mit dem Kopf auf dem harten Boden auf. Dieser Aufprall fügt dem Jugendlichen erhebliche Kopfverletzungen zu, und die Ärzte versuchen, ihn auf der Intensivstation am Leben zu erhal- ten. Nach drei Tagen geben die Ärzte Entwarnung, und der Jugendliche ist ausser Lebensge- fahr. Um welches Delikt handelt es sich hier, und welche mögliche Strafen stehen dem Jugendanwalt zur Auswahl?
Die Straftatbestände des Strassenverkehrsgesetzes
17.4
Das Strassenverkehrsgesetz und die dazu gehörenden Verordnungen enthalten ebenfalls Straftatbestände und sind damit ein Beispiel für so genannte Nebenstrafgesetze. Nach Art. 333 StGB gilt für Nebenstrafgesetze der Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches, soweit sie nicht sel- ber abweichende Bestimmungen aufstellen. Das Strassenverkehrsgesetz stellt in den Art. 1–89 SVG Verhaltensregeln für den Strassenverkehr auf. In den Strafbestimmungen der Art. 90–103 SVG werden dann die Konsequenzen für die Miss- achtung der vorher genannten Verhaltensregeln festgehalten.
Aufbau des Strassenverkehrsgesetzes
Führerausweisentzug
Der Führerausweisentzug ist eine verwaltungsrechtliche Massnahme und gilt nicht als Strafe, auch wenn er von den Betroffenen als solche empfunden wird.
Trunkenheit im Strassenverkehr
Die Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr be- stimmt in Art. 1 Abs. 1: Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung (Angetrunkenheit) gilt in jedem Fall als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer eine Blutalkohol-Konzentration von 0,5 oder mehr Ge- wichtspromille aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Blutalkohol- Konzentration führt. Aus dieser Formulierung geht hervor, dass auch geringere Blutalkohol-Konzentrationen zur Fahr- unfähigkeit führen können, welche dann die entsprechenden straf- und verwaltungsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 der genannten Verordnung gilt eine Blutal- koholkonzentration von 0,8 Promille oder mehr als qualifiziert, d.h. das Fahren mit einer solchen Konzentration wird als Vergehen gewertet und im Strafregister eingetragen. Als Faustregel gilt: Ein Glas alkoholischen Getränks in der üblichen Ausschankmenge (3 dl Bier, 1 dl Wein, 20 ml Schnaps) bewirkt bei einem 70 kg schweren Mann eine Blutalkohol-Konzentration von 0,25 Gewichtspromillen. Bei einer 50 kg schweren Frau bewirkt die gleiche Alkoholmenge bereits eine Blutalkoholkonzentration von 0,35 Promillen.
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