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Das bedeutet, dass die Straftatbestände, die im besonderen Teil des Strafgesetzbuches (Art. 111– 332 StGB) definiert sind, sowohl von Erwachsenen als auch von Jugendlichen begangen werden können. Die Reaktion des Staates auf die Straftaten ist jedoch eine andere. Im Erwachsenenstraf- recht sind die vorne genannten Strafzwecke von Bedeutung. Im Jugendstrafrecht geht es nicht um die Strafzwecke wie bei den Erwachsenen, sondern um die Abklärung der relevanten Hinter- gründe der deliktischen Tätigkeit des Jugendlichen, um die notwendigen Korrekturen in Form von Massnahmen und Strafen vornehmen zu können.
16 Jahre und älter
< 15 Jahre 15 Jahre
Strafrechtlich platzierte Jugendliche Total nach Alter
2017 2016 2020 2021 2022 2019 2015 2014 2013 2012
(Quelle: BFS, zit. gem. NZZ vom 19.2. 2016, S. 13, aktualisiert)
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Das Jugendstrafrecht ist ein sogenanntes Erziehungsstrafrecht; dies kann man Art. 2 JStG ganz klar entnehmen. Beim Jugendstrafrecht geht es also in erster Linie um den Schutz und die «Nach»-Erziehung des jugendlichen Straftäters. Man will erreichen, dass der Jugendliche nicht mehr straffällig wird. Es stehen somit die Resozialisierung, d.h. die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, im Vordergrund. Die andern Strafzwecke wie etwa Abschreckung oder Vergeltung stehen im Hintergrund. Deshalb werden die jugendlichen Straftäter auch nicht von denselben Behörden wie die erwachsenen Straftäter beurteilt. In den meisten Kantonen befassen sich spezielle Behörden mit jugendlichen Straftätern. Sie heissen z. B. Jugendanwaltschaften, Jugendanwälte oder Jugendgerichte, und es gibt speziell ausgebildete Polizisten, die spezifisch auf den Umgang mit Jugendlichen geschult wurden. Der Jugendanwalt- schaft ist ein Team von Sozialarbeitern zugeteilt, welches im persönlichen Umfeld der straffälligen Jugendlichen die notwendigen Abklärungen vornimmt, um die Grundlagen für allfällige Massnah- men zu schaffen. Im Weiteren sind die Sozialarbeiter dafür zuständig, den Vollzug von Massnahmen zu koordinieren und unter Leitung des zuständigen Jugendanwaltes durchzuführen. Um auf die jugendlichen Straftäter individuell erzieherisch und mit der entsprechenden Fürsorge einzuwirken, unterscheidet das Jugendstrafrecht mehrere Altersstufen und bietet den Behörden einen Katalog von verschiedenen Strafen und Schutzmassnahmen:
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